Der große DACH-Recruiting-Check 2025 – Wo es hakt und was Sie dagegen tun können

Zuletzt aktualisiert:
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2025
17.6.25
17/6/2025
17/6/2025
Minuten Lesedauer
Geschrieben von
Julia Schmidt
Tellent
Mitwirkende
Martin Holztrattner
Holztrattner Consulting GmbH
Unser Report zeigt, an welchen Stellschrauben Sie drehen müssen, um mehr qualifizierte Bewerbungen zu erhalten. Mit belastbaren Daten und konkreten Tipps.
Inhalt

Der Druck im Recruiting ist aktuell so hoch wie nie. Einer der Gründe dafür ist der Fachkräftemangel: Es gibt mehr Stellen als Bewerbende, die Unternehmen kämpfen um die besten Talente. Viele Recruiter*innen vermuten jedoch, dass die aktuelle Schieflage noch weitere Ursachen hat. Und damit haben sie Recht. Wie unser Report zum Stand des Recruiting 2025 zeigt, gibt es im Recruiting in der DACH-Region noch weitere Herausforderungen.

Zwei zentrale Erkenntnisse im Vergleich zu anderen Ländern: Erstens brechen deutlich mehr Bewerbende das Ausfüllen eines Bewerbungsformulars ab, ohne die Bewerbung zu versenden. Zweitens ist der Prozentsatz der Besuche auf einer Karriereseite, die zu einer tatsächlichen Bewerbung führen, deutlich geringer. Damit liefert der Report Zahlen und Fakten für das, was Recruiter*innen schon immer wussten: Bewerbende im DACH-Raum fühlen sich nicht abgeholt. Wie Sie darauf reagieren können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Datengrundlage und Methodik des Reports

  • Für unsere Analyse haben wir die Recruitingdaten von insgesamt 5.649 Unternehmen, 259.000 Stellenanzeigen und über 8 Millionen Bewerbungen ausgewertet. Die Daten wurden 2024 über die Tellent Recruitee-App gesammelt und anonymisiert.
  • Der Fokus liegt auf unseren europäischen Kernmärkten (DACH, Benelux, Frankreich), ergänzt durch Daten aus dem Rest der Welt.
  • Analysiert wurden unter anderem Arbeitsmodelle, Recruitingeffizienz, Employer Branding, die Performance von Karriereseiten, Abbruchquoten im Bewerbungsprozess und Konversionsraten.

Die Daten sprechen Klartext: Herausforderungen im DACH-Raum

Der Vergleich mit Frankreich und den Benelux-Ländern, aber auch mit dem Rest der Welt macht deutlich, wo die größten Schwachstellen beim Recruiting im DACH-Raum liegen. Kleiner Spoiler vorweg: Große Überraschungen sind nicht dabei. Dafür gibt der Report Recruiter*innen genau die Daten und Fakten an die Hand, die sie benötigen, um Stakeholder*innen zu überzeugen und in ihrem Unternehmen wirklich etwas zu bewegen. Hier ein paar Highlights:

Höchste Absprungrate auf Karriereseiten (70 %)

Mehr als zwei Drittel der Besucher*innen, die auf einer Karriereseite landen, verlassen diese sofort wieder. Das deutet darauf hin, dass die Erwartungen der Kandidat*innen nicht erfüllt werden und das Employer Branding der Unternehmen schlicht nicht überzeugt. Interessanterweise zeigen unsere Daten, dass die Absprungraten umso niedriger sind, je größer das Unternehmen ist. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass kleine und mittlere Unternehmen dem Thema Employer Branding zu wenig Beachtung schenken.

Eine weitere wichtige Erkenntnis: Je länger sich ein*e Kandidat*in auf der Karriereseite aufhält, desto wahrscheinlicher ist es, dass er*sie sich bewirbt. Es lohnt sich also, mehr in Inhalte von Karriereseiten und die Arbeitgebermarke allgemein zu investieren.

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Unternehmen ohne Employer Branding sind wie Geschäfte ohne Schaufenster – keiner weiß, dass es sie gibt. Wer Bewerber*innen anziehen will, muss sichtbar sein und echte Einblicke geben. Fachkräfte bewerben sich dort, wo sie sich ein klares Bild von ihrem zukünftigen Arbeitgeber machen können.
Martin Holztrattner
Holztrattner Consulting GmbH

Höchste Abbruchquote bei Bewerbungsformularen (45,2 %)

Die Abbruchquote beim Ausfüllen von Bewerbungsformularen ist durch die Bank hoch. Heißt im Klartext: Ein großer Teil der Bewerbenden, die mit dem Ausfüllen eines Bewerbungsformulars beginnen, bricht vorzeitig ab, ohne die Bewerbung zu verschicken. Am höchsten ist die Abbruchquote im DACH-Raum: Während in Frankreich rund 37 % der Kandidat*innen aus dem Formular aussteigen, sind es in Deutschland, Österreich und der Schweiz über 45 % – und damit fast die Hälfte.

Quelle: The State of Hiring in 2025

Die Abbruchquote korreliert mit der Verweildauer auf den Unternehmensseiten: Je länger ein*e Kandidat*in sich mit der Karriereseite beschäftigt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass er*sie das Bewerbungsformular vollständig ausfüllt. Ein weiterer Faktor dürfte die fehlende Benutzerfreundlichkeit sein. Jan Steffen von eTo Personalmarketing meint dazu:

„Bewerber erwarten eine schnelle, mobile und unkomplizierte Bewerbungsmöglichkeit. Lange Formulare oder umständliche Softwarelösungen wirken abschreckend.“
Jan Steffen, Managing Partner bei eTo Personalmarketing

Große Unternehmen schneiden hier übrigens besser ab. Das bedeutet, dass vor allem kleine und mittelständische Unternehmen im DACH-Raum hier nachbessern müssen.

Geringste Konversionsrate (4,6 %)

Die Konversionsrate misst den Anteil der Besuche auf den Karriereseiten, die zu einer erfolgreich eingereichten Bewerbung führen. Auch hier schneidet der DACH-Raum im internationalen Vergleich am schlechtesten ab. Während die Konversionsrate in Frankreich bei rund 10 % und im Rest der Welt sogar bei über 11 % liegt, kommen die deutschsprachigen Länder auf weniger als 5 %.

Quelle: The State of Hiring in 2025

In den Branchen Design, IT und Finanzen ist der Prozentsatz eingereichter Bewerbungen am höchsten, im Baugewerbe und im Gesundheitswesen am niedrigsten. Unsere Daten zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Verweildauer und Konversionsrate: Je länger sich Besucher*innen auf einer Karriereseite aufhalten, desto mehr Kandidat*innen bewerben sich beim Unternehmen. Daneben gibt es natürlich noch weitere Faktoren, die die Konversionsrate beeinflussen:

„Unklare Jobanforderungen, intransparente Vergütung oder fehlende Informationen zu den nächsten Schritten im Bewerbungsprozess lassen Bewerber abspringen.“
Jan Steffen, Managing Partner bei eTo Personalmarketing

Handlungsempfehlungen: Das sollten Sie jetzt tun

Die gute Nachricht: Unser Report liefert Recruiter*innen nicht nur Zahlen, sondern auch klare Hinweise, an welchen Stellschrauben sie drehen können, um der Konkurrenz im War for Talents einen Schritt voraus zu sein. Im Folgenden finden Sie fünf konkrete Maßnahmen, mit denen Sie sofort starten können. Weitere Empfehlungen und vertiefende Einblicke finden Sie im vollständigen Report.

1. In Stellenanzeigen klar kommunizieren

Beim Verfassen einer Stellenanzeige sollten Sie immer die Perspektive der potenziellen Kandidat*innen einnehmen: Welche Informationen sind für Bewerbende wirklich wichtig? Achten Sie darauf, die Dinge beim Namen zu nennen. Immer wieder äußern Bewerbende auf Plattformen wie LinkedIn beispielsweise ihren Unmut darüber, dass sich nach mehreren Interviewrunden herausstellt: Die als „remote“ ausgeschriebene Stelle erfordert doch eine regelmäßige Präsenz im Büro. Solche Erfahrungen sind nicht nur frustrierend, sondern schaden auch der Arbeitgebermarke. Deshalb gilt gerade beim Thema Arbeitsmodell (Remote, Hybrid, vor Ort): Bekennen Sie Farbe und sprechen Sie Klartext.

Gleiches gilt für die Jobbeschreibung: Statt mit austauschbaren Superlativen („dynamisches Team“, „abwechslungsreiche Aufgaben“) zu werben, sollten Sie Fakten sprechen lassen. Wie sieht der Arbeitsalltag aus? Welche Tools werden genutzt? Wie läuft die Einarbeitung ab?

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80 % der Stellenanzeigen klingen heutzutage gleich, oder? Unternehmen versuchen sich als besonders innovativ und dynamisch zu verkaufen, aber Bewerber wollen vor allem klare Infos: Was sind meine konkreten Aufgaben? Wie sind die Gegebenheiten und das Team vor Ort? Welche Maßnahmen ergreift das Unternehmen, um gute Mitarbeiter wertzuschätzen? Wer diese Fragen beantwortet, gewinnt deutlich mehr Bewerber.
Martin Holztrattner
Holztrattner Consulting GmbH

2. Karriereseite optimieren

Im Jahr 2025 ist eine ansprechende Karriereseite eigentlich eine Selbstverständlichkeit – und doch tun sich immer noch viele Unternehmen schwer damit. Verabschieden Sie sich ein für alle Mail von Stock-Fotos und 08/15-Texten. Verlängern Sie gezielt die Verweildauer, indem Sie Bewerbenden echte Einblicke geben: in Form von Videos, Interviews mit Mitarbeitenden, einem FAQ-Bereich oder Reportagen aus dem Alltag. Je spannender und authentischer Ihre Inhalte, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Besucher*innen zu Bewerber*innen werden.

3. Bewerbungsformulare radikal vereinfachen

Auch heute noch berichten Bewerbende immer wieder, dass sie ihre Daten doppelt und dreifach eingeben müssen. Zwar kann man inzwischen den Lebenslauf bequem per PDF hochladen, dann müssen dieselben Daten aber noch manuell im Formular erfasst werden. Kein Wunder, dass hochqualifizierte Fachkräfte an der Stelle das Interesse verlieren.

Deshalb: Reduzieren Sie Pflichtfelder auf ein Minimum und nutzen Sie die Möglichkeit, eingereichte PDFs maschinell auslesen zu lassen. Ermöglichen Sie Bewerbungen per One-Click und das Verlinken von Social-Media-Profilen. Machen Sie das Ausfüllen von Formularen so einfach und zeitsparend wie möglich. So sparen Sie Bewerbenden wertvolle Zeit und punkten besonders bei viel beschäftigten Fachkräften.

„Konkret könnte eine kleine Änderung, die möglicherweise die Absprungrate verringern könnte, darin bestehen, die Möglichkeit des ‚einfachen‘ Bewerbens direkt auf der Job-Detailseite anzubieten, anstatt einen zusätzlichen Button zu drücken. Trotzdem sollten für die Flexibilität die anderen Bewerbungsmöglichkeiten (z.B. per Indeed, Xing, WhatsApp) weiterhin als separate Buttons angeboten werden.“
Sera Mbaraka, Recruiter bei Die Görgens Gruppe (Olymp & Hades)

4. Mobile Optimierung priorisieren

Die Mehrheit der Jobsuchen startet heute mobil. Ihre Karriereseite und Ihr Bewerbungsformular müssen auf dem Smartphone genauso gut zu lesen und auszufüllen sein wie auf dem Desktop. Das heißt: Kurze Ladezeiten, responsive Gestaltung und übersichtliche Navigation sind ein Muss. Wenn Bewerbende erst mühsam scrollen oder Formulare verschieben müssen, sind sie schneller weg, als Sie „Jetzt bewerben“ sagen können.

5. Employer Brand kontinuierlich pflegen

Sorgen Sie mit spannenden Kampagnen dafür, dass potenzielle Bewerber*innen Ihr Unternehmen auf dem Schirm haben, noch bevor sie überhaupt aktiv auf Jobsuche gehen. Die Möglichkeiten sind da: Ein Instagram-Reel aus dem Azubi-Alltag, ein LinkedIn-Post mit ehrlichen Einblicken ins Onboarding oder ein kurzes Behind-the-Scenes-Video aus dem Teammeeting – solche Inhalte sind schnell produziert, aber enorm wirksam. Wichtig ist: Employer Branding ist kein Einmal-Projekt, sondern eine dauerhafte Aufgabe. Nutzen Sie die Plattformen, auf denen sich Ihre Zielgruppe aufhält, und trauen Sie sich, dabei kreativ zu werden.

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Unternehmen ohne Employer Branding sind wie Geschäfte ohne Schaufenster – keiner weiß, dass es sie gibt. Wer Bewerber anziehen will, muss sichtbar sein und echte Einblicke geben. Fachkräfte bewerben sich dort, wo sie sich ein klares Bild von ihrem zukünftigen Arbeitgeber machen können.
Martin Holztrattner
Holztrattner Consulting GmbH

Candidate-first statt Company-first – das zählt im Jahr 2025 mehr denn je. Denken Sie den Bewerbungsprozess konsequent aus Sicht der Bewerbenden. Machen Sie es so einfach wie möglich, sich bei Ihnen zu bewerben, und vermeiden Sie unnötige Hürden. Holen Sie regelmäßig Feedback von Bewerbenden ein, um herauszufinden, was gut funktioniert und wo es noch Luft nach oben gibt.

Praxisbeispiele: Diese Unternehmen machen es richtig

Manchmal braucht es nur kleine Veränderungen, um sich von den üblichen Standards abzuheben und bei Bewerbenden positiv aufzufallen. Die folgenden Beispiele zeigen, wie Unternehmen mit einfachen, aber wirkungsvollen Mitteln authentisch rüberkommen und Interesse wecken können.

  • Klarer Fahrplan in der Stellenausschreibung

Tellent hat den Wunsch vieler Kandidat*innen nach konkreten Informationen zum Job erkannt und darauf reagiert. In unseren Stellenausschreibungen erfahren Kandidat*innen, was sie in den ersten drei Monaten, nach sechs und nach zwölf Monaten im Unternehmen erwartet. Das vermittelt einen realistischen Eindruck davon, wie sich die Rolle entwickeln wird. Ein klarer Fahrplan, der Sicherheit gibt und Vertrauen schafft.

Ausschnitt einer Stellenausschreibung von Tellent.
  • Karriereseite als Online-Shopping-Erlebnis

Hersteller Hettich zeigt, wie modernes Recruiting über die Karriereseite funktionieren kann. Die Seite ist so übersichtlich und benutzerfreundlich wie ein Onlineshop. Statt nur klassische Stellenanzeigen aufzulisten, werden Jobfamilien, Tätigkeitsbereiche und Teamvorstellungen wie Produktkategorien aufbereitet. So können sich potenzielle Bewerber*innen intuitiv durch das Angebot navigieren und schnell herausfinden, welche Rolle zu ihnen passt. Ein vierstufiger Bewerbungsprozess und interessante Inhalte auf Youtube, Instagram & Co. runden das Ganze ab.

Screenshot mit einer Navigationsleiste und dem Bild einer Miitarbeiterin.
Quelle: https://karriere.hettich.com/
  • Authenthisches Employer Branding statt Hochglanz-Versprechen

Wie glaubwürdiges Employer Branding heute funktioniert, zeigt die Techniker Krankenkasse. Auf Plattformen wie whatchado gibt sie potenziellen Bewerber*innen mit Videoporträts von Mitarbeitenden einen direkten, ungefilterten Einblick in den Arbeitsalltag. Was diese Porträts besonders macht: Die Mitarbeitenden berichten nicht nur von Erfolgsmomenten, sondern sprechen auch offen über Herausforderungen und Einschränkungen im Job. Das wirkt nahbar, authentisch und gibt Interessent*innen die Möglichkeit, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren.

Screenshot eines Videos, in dem eine Mitarbeiterin von ihrem Alltag berichtet.
Quelle: https://www.whatchado.com/de/organizations/techniker-krankenkasse

Fazit: Don’t believe the Hype

Wer 2025 im Recruiting erfolgreich sein will, sollte sich nicht auf kurzlebige Trends oder den nächsten Hype verlassen. Unser Report zeigt: Es sind vor allem die Basics, an denen es mangelt und genau darin liegen die größten Chancen.

Stellenanzeigen müssen klar und transparent formuliert sein. Karriereseiten brauchen relevante Inhalte, eine nutzerfreundliche Struktur und mobile Optimierung. Bewerbungsformulare sollten so einfach und kompakt wie möglich sein. Und Employer Branding funktioniert nur, wenn Unternehmen sich trauen, authentische Einblicke zu geben und sich vom Einheitsbrei abzuheben. Am Ende ist es gar nicht so kompliziert: Wer den gesamten Recruiting-Prozess aus Sicht der Bewerbenden denkt, macht vieles automatisch richtig.

„In den nächsten Jahren wird sich Talent Acquisition noch stärker auf eine umfassende Candidate-first Experience fokussieren müssen. Es gilt ein wirkliches Match für beide Seiten zu finden - nur dann kann eine wirkungsvolle Performance entstehen, die den Unternehmenserfolg steigert.“
Malin Gereke, Head of HR Strategy bei Blume 2000

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